Der Ankereffekt ist ein Phänomen aus der Psychologie, das sich auf die Art und Weise bezieht, wie Menschen bei Entscheidungen von einem bestimmten Ausgangspunkt beeinflusst werden, auch „Anker“ genannt. Es kann eine Zahl, ein Wert oder eine andere Information sein, die als Referenzpunkt dient und unser Denken und Handeln beeinflusst.
Der Ankereffekt tritt in vielen Situationen auf, von der Preisgestaltung von Produkten über Gehaltsverhandlungen bis hin zu Alltagssituationen wie der Einschätzung der Länge von Warteschlangen. In diesem Zusammenhang kann der Ankereffekt sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. In diesem Beitrag möchte ich näher auf diesen wichtigen Effekt eingehen.
Was ist der mentale Ankereffekt?
Der Ankereffekt kommt aus der Kognitionspsychologie und wird im NLP angewendet. Unser Unterbewusstsein arbeitet mit Ankern. Diese unbewussten Anker werden durch meisten Dinge in unserem täglichen Leben ausgelöst. Das Bewusstsein über diese Effekte ist Teil eines entsprechenden Mindsets.
Der Ankereffekt beschreibt die Tendenz des Gehirns, sich beim Einschätzen oder Entscheiden an einer zuerst genannten Zahl oder Information festzuhalten – selbst wenn diese eigentlich völlig irrelevant ist.
Dieser „Anker“ wirkt wie ein psychologisches Startsignal. Unser Gehirn nutzt ihn als Bezugspunkt. Und alles, was danach kommt, wird unbewusst daran ausgerichtet.
Das passiert sogar dann, wenn wir wissen, dass der Anker uns beeinflusst. Und genau das macht diesen Effekt so tückisch.
Beispiel:
Wenn du hörst: „Diese Tasche kostet normalerweise 499 €“, wirkt ein Preis von 199 € plötzlich günstig. Ohne den Anker 499 € würde dein Gehirn ganz anders reagieren.
Oder, einfach gesagt: Wir denken nicht länger darüber nach, was eine Tür ist, wenn wir vor einer stehen. Sehen wir eine Tür, greifen wir instinktiv nach der Klinke, drücken sie runter und gehen durch. Der Ankereffekt wirkt bei der Tür automatisch. Wir wissen instinktiv was zu tun ist.
Gesagt will sein, dass wir bei vielen Entscheidungen des Alltags stark von den Informationen aus der Umgebung beeinflusst werden, ohne dass uns dieser Einfluss bewusst wird. Hierbei werden diese Informationen dann als der „Anker“ bezeichnet. Und unsere Entscheidung orientiert sich daran. Dieser Einfluss funktioniert selbst dann, wenn er für die Entscheidung selbst eigentlich irrelevant ist. Die Folge ist eine mentale Verzerrung in Richtung des Ankers.
Warum der Ankereffekt so mächtig ist
Weil unser Gehirn ständig versucht, Entscheidungen schnell, energiesparend und ohne großen Aufwand zu treffen. Und ein Anker liefert eine Art „mentale Abkürzung“.
Je unsicherer oder komplexer eine Situation ist, desto stärker greifen wir auf Anker zurück.
Darum ist der Effekt in folgenden Bereichen besonders präsent:
- Preispsychologie
- Gehaltsverhandlungen
- Schmerzempfinden
- Kreativität und Fokus
- Coaching, NLP, Hypnose
- Markenwahrnehmung
- Digitale Identität & Selbstbild
Ankereffekt & Schmerz – warum dein Gehirn übertreibt
Viele Menschen unterschätzen, wie sehr Schmerz ein mentales Konstrukt ist. Schmerz = Interpretation. Nicht Realität.
Genau deshalb funktionieren Methoden wie:
- Hypnose
- Selbsthypnose
- NLP-Ankertechniken
- Schmerzumlenkung
- Atemankern
Sie setzen bewusste mentale Anker, um die Interpretation von Schmerz zu verändern.
Beispiele:
- Bei Geburten
- Bei Operationen ohne Narkose (ja, das gibt’s wirklich)
- Nach Zahnbehandlungen
- Bei chronischem Schmerz
Wer lernt, Anker bewusst zu setzen, kann Schmerz nicht „wegzaubern“, aber die Interpretation radikal verändern.
Und genau das macht den Unterschied zwischen „es ist kaum auszuhalten“ und „es ist okay, ich kann atmen“.
Schmerzen kontrollieren
Doch auch auf Schmerzen können wir unbewussten Einfluss ausüben. Denn wenn wir der Sache auf den Grund gehen, gibt es in Wirklichkeit keinen Schmerz. Der Schmerz ist nur die Art und Weise, wie unser Unterbewusstsein bestimmte Situationen in unserem Körper interpretiert.
Eine weit verbreitete Anwendung zB. in der Hypnose (und Selbsthypnose) ist deshalb, den Schmerz mental mit dem bewussten Ankereffekt zu blockieren. Dadurch ist z.B. eine medikamentenfreie Geburt und schmerzfreie Chirurgie möglich, vor allem für Menschen die Narkosen nicht vertragen. Die Ankertechnik bei der Selbsthypnose anzuwenden ist auch eine sehr wirksame Methode, um u.a. nach dem Besuch des Zahnarztes schmerzfrei zu sein.
Es ist sogar sehr einfach zu lernen, wie du die Energien, die dazu benötigt werden, umlenken kannst. Wie das genau funktioniert erkläre ich dir gerne in einem integralen Coaching. mit mir.
Ankereffekt & Kreativität – wie du Flow bewusst anknipst
Kreativität ist kein Zufall. Sie ist ein Zustand. Und Zustände kann man ankern.
Wenn du bewusst Anker setzt – Musik, Rituale, Orte, Tools – kann dein Gehirn innerhalb von Sekunden in einen kreativen Flow wechseln.
Was du dafür brauchst:
- absolute Fokussierung auf eine Sache
- offene Wahrnehmung ohne Bewertung
- eine kleine mentale „Startroutine“
Das kann sein:
- eine bestimmte Playlist
- ein Ort (z. B. dein Café → Fokus-Anker)
- ein Atemmuster
- ein Geruch (z. B. Pfefferminze → Konzentrationsanker)
- ein physischer Gegenstand (Stein, Ring, Stift → State-Anker)
Dann dockst du an die kreativen Energien an, wie du es im Ursprungstext beschreibst. Du baust dir im Kopf eine Art „mentale VR“. Und genau dort entsteht Vision.
Deine Kreativität steigern
Meine Erfahrung ist, dass die Innovation und Kreativität fast als ein Nebenprodukt unseres Daseins empfunden wird. Wenn du aber die Fähigkeit entwickelt, dich mit dem Ankereffekt vollkommen auf etwas zu konzentrieren zu können, also mental völlig fokussiert zu sein, und zugleich frei von Vorurteilen bist, bist du im Flow der Kreativität.
Dann kannst du dich am Reichtum der kreativen Energien andocken und bist in der Lage, dir ein eigenes sehr reales, mentales Virtual-Reality-Szenario zu schaffen. Hier kannst du dann das Endergebnis deines geplanten Vision (zB. die Gründung deines Unternehmens, oder das Bekannt machen deines Startups usw.) aktiv sehen, noch bevor du Zeit und Energie in die Durchführung investiert hast.
Selbstkontrolle durch Anker – dein Unterbewusstsein lenken statt lenken lassen
Unsere emotionalen Reaktionen entstehen fast immer durch unbewusste Anker:
- Eine bestimmte Stimme macht dich nervös.
- Ein Ort holt Stress hoch.
- Ein Geruch erinnert dich an früher.
- Ein bestimmter Satz löst Wut aus.
Wenn du erkennst, welche Anker dich unbewusst steuern, kannst du sie:
- entkoppeln
- ersetzen
- oder bewusst neutralisieren
Das ist echte innere Freiheit.
Beispiel:
Dein Partner möchte einen Streit provozieren. Du fällst jedes Mal rein, weil ein Satz oder Tonfall einen alten Anker bei dir triggert.
Wenn du diesen Anker löst, bleibt der Trigger – aber ohne Wirkung.
Du bleibst klar. Du bleibst bei dir.
Genau das ist Selbstkontrolle auf psychologisch sauberem Level.
So nutzt du den Ankereffekt für die Selbstkontrolle
Der Ankereffekt ist auch von Vorteil um eine bessere Selbstkontrolle zu erlangen. Denn Fähigkeit, dich zB. selbst dabei zu sehen, wie du dir deine gewünschte digitale Identität schaffst, ist eine weitere Möglichkeit die Technik bei dir selbst einzusetzen. Damit lernst du, wie du selbst die unbewussten Anker kontrollieren kannst. Denn sie sind es, die dich in bestimmten Situationen oder an bestimmten Orten dazu veranlassen, Stress oder Glück zu empfinden, und wie du letztlich Entscheidungen triffst.
Denn der Schlüssel mit dem du deine Arbeit genießen kannst, und das Leben zu leben das du dir Wünschst, ist nichts weiter als die Kontrolle über dein bisher undiszipliniertes Unterbewusstseins zu erlangen. Auch in bestimmten Situationen neutral zu bleiben kannst du lernen. Vielleicht wenn dein Partner in einen Streit verwickeln will. Oder du lernst der Versuchung zu widerstehen, deine Beherrschung zu verlieren, wenn deine Kinder laut und außer Rand und Band sind.
Der Ankereffekt im Marketing & Business (der Gamechanger)
Hier wird der Effekt richtig spannend.
Der erste Wert beeinflusst ALLE nachfolgenden Gedanken deines Gegenübers.
Das gilt für:
- Preise
- Angebote
- Rabattaktionen
- Sales Pages
- Gehaltsverhandlungen
- Positionierung
- Werbetexte
- Wahrgenommene Qualität deiner Marke
Beispiel Immobilienpreis (aus deinem Original):
Interesse A bekommt den Anker 1,5 Mio → bietet 1,3 Mio
Interesse B bekommt den Anker 1,9 Mio → bietet 1,7 Mio
Der Ankereffekt ist ein Phänom…
Der gleiche Mensch, die gleiche Wohnung, die gleiche Situation – komplett unterschiedliche Entscheidungen.
Nur wegen des ersten Ankers.
Das ist Psychologie pur.
Darum ist der Ankereffekt einer der wichtigsten Hebel im Marketing – und gleichzeitig einer der meist unterschätzten.
Auch in Verhandlungen spielt der Ankereffekt eine maßgebliche Rolle. Die subjektive Verlust- oder Gewinnsituation hängt nämlich oftmals vom ersten Angebot ab, welches den weiteren Verhandlungsprozess bedeutend beeinflussen kann.
Lesetipp: Der Netflixeffekt
Hier ein Beispiel: Es soll eine Eigentumswohnung verkauft werden. Ein Interessent wurde gefragt, wie viel Geld er bereit wäre für die Wohnung auszugeben. Er erhielt die Ankerzahl 1,5 Millionen. Verpackt in die Frage „Wären Sie bereit, 1,5 Millionen zu bezahlen? Dieser Interessent war bereit 1,3 Millionen zu bezahlen. Der andere Interessent erhält den Anker 1,9 Millionen und ist bereit 1,7 Millionen für die Wohnung zu zahlen.
Wie du den Ankereffekt für dein Business nutzt
✔ Zeige zuerst den höheren Wert
Z. B. „Normalpreis 4.500 € → heute 2.900 €“.
✔ Biete ein Premium-Paket an
Der Mensch orientiert sich am oberen Wert. Dein mittleres Paket wird dadurch attraktiver.
✔ Setze Anker in Sprache
Begriffe wie „hochwertig“, „rare“, „limitierte Edition“, „Signature-Programm“ wirken wie mentale Positionierungsanker.
✔ In Verhandlungen: du setzt den ersten Anker
Wer den ersten Wert nennt, gewinnt fast immer.
✔ Im Branding: Der erste Eindruck IST der psychologische Anker
Das gilt für Design, Website, Farben, Archetypen – alles.
Fazit: Anker bestimmen mehr in deinem Leben, als dir bewusst ist
Der Ankereffekt ist überall: beim Einkaufen, im Business, in deinen Beziehungen, in deiner Kreativität, in deinem Selbstbild.
Wenn du lernst, ihn zu erkennen, kannst du:
- bessere Entscheidungen treffen
- dich nicht mehr manipulieren lassen
- Fokus & Kreativität steigern
- deine Selbstkontrolle stärken
- Preise selbstbewusster kommunizieren
- deine Marke psychologisch smarter aufbauen
Oder anders gesagt:
Wenn du bewusst mit Ankern arbeitest, steuerst du dein Denken – und nicht das Denken dich.
Pass also beim nächsten Mal auf, wenn es irgendwo und irgendwann vielleicht einen Ankereffekt gibt, auf den du gerade hereinfällst. Egal ob bei dir selbst, im Alltag oder im Business.
Alles Liebe und bis zum nächsten Mal,
Deine Doreen
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